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Schaltbare Stabilisatoren im Porsche Cayenne
SUVs (Sport Utility Vehicles) und GelÀndewagen gehören mit einer Zuwachsrate von 19 Prozent im letzten Jahr zum schnellst wachsenden Fahrzeug-Segment. Die urigen GelÀndewagen, in Kastenform, zwei Meter First und ohne
jeglichen Komfort, sterben allerdings langsam aus. Im Aufwind bleiben die SUVs mit ihren GelÀndewagen Àhnlichen Eigenschaften, wie hohe Bodenfreiheit (damit verbunden ein hoher Schwerpunkt), erhöhte Sitzposition und
Allradantrieb. Was fĂŒr SUV-Besitzer höchste FlexibilitĂ€t bedeutet, macht den Fahrwerkentwicklern zu
schaffen: Auf befestigten StraĂen benötigen SUVs eine straffe Federung mit hoher DĂ€mpfung, fĂŒr einen Abstecher ins GelĂ€nde eine weiche Federung mit geringer DĂ€mpfung. Mit einem neu entwickelten schaltbaren
Off-Road-Stabilisator (ORS) hat die Thyssenkrupp Automotive Mechatronics und Thyssenkrupp Automotive Mechatronics einen Kompromiss fĂŒr GelĂ€nde- und StraĂenfahrten gefunden. Die Stabilisatoren werden erstmals im
Porsche Cayenne eingebaut. Das Fahrwerk des Hochleistungs-SUV Cayenne Turbo muss auch noch bei Höchstgeschwindigkeit 266 km/h ausreichende SeitenstabilitÀt haben. Zudem gilt es bei
Kurvenfahrten der Zentrifugalkraft, der Neigung nach auĂen, entgegenzuwirken. Diese Balance hĂ€lt ĂŒblicherweise je nach Modellvariante ein Stahl- oder Luftfedersystem. Volker Middelmann,
ORS-Projektmanager bei der Thyssenkrupp Automotive Mechatronics in Bochum: âEntÂscheidender Faktor fĂŒr eine geringe Wankneigung ist die straffe Anbindung des Aufbaus
mit sehr verdrehsteifen Stabilisatorenâ. Die sind im Cayenne eindeutig auf ein sportliches Fahrverhalten ausgelegt. Im GelĂ€nde sind solche Stabilisatoren aber eher hinderlich: Federt ein Rad ein, nimmt der
âStabiâ das andere direkt mit. Probleme entstehen beim Höhenausgleich, der verringerten Haftung und der Traktion. Denn im Extremfall hĂ€ngt ein Rad in der Luft, das Fahrzeug beginnt zu
schaukeln. FĂŒr Ă€uĂerst extreme GelĂ€ndegĂ€nger bietet Porsche im âAdvanced Offroad Paketâ neben einem speziellen Unterbodenschutz im KĂŒhlerbereich und einem 100 Prozent sperrbaren
Differenzial an der Hinterachse, auch einen schaltbaren Stabilisator an. Fahrwerkspezialist Volker Middelmann: âDas ORS-System stellt eine technische Lösung dar, die in vergleichbarer
Form noch in keinem GelĂ€ndewagen angeboten wurdeâ. Bisher sind leistungsfĂ€hige Stabilisatoren, die bei Kurvenfahrten jegliche Wankneigung vermeiden, meist in Pkw zu finden. So haben die Fahrwerkspezialisten von ZF Sachs mit Dynamic Drive im 5er und 7er-BMW ein
âkontinuierlichesâ Regelsystem installiert. Schaltbare Stabilisatoren findet man indes relativ selten, beispielsweise im Landrover Discovery fĂŒr die Vorder- und Hinterachse oder im Nissan Patrol fĂŒr die Hinterachse.
Startet man den Cayenne, sind zunĂ€chst die Stabilisatorarme im Onroad-Modus, die Kupplung ist geschlossen. Erst im GelĂ€ndebeÂtrieb (Taste âLow-Rangeâ) kann der Fahrer den Offroad-Stabilisator mit einem
weiteren Knopfdruck schalten. Volker Middelmann: âSchaltbar heiĂt, dass der Momentenfluss im Stabilisator ĂŒber eine hydraulisch betĂ€tigte Kupplung aufgehoben werden kann, was eine
AchsverschrĂ€nkung bis zu 38 Grad bedeuten kannâ. Eine hohe AchsverschrĂ€nkung (wechÂselseitige Ein- und Ausfederung) ist im GelĂ€nde elementar: Sie gewĂ€hrleistet eine hohe
GelĂ€ndegĂ€ngigkeit und Traktion, besonders wenn es gilt, Felsbrocken oder BaumstĂ€mme zu ĂŒberwinden. Beim Cayenne erhöht sich mit dem neuen Stabilisatorsystem die VerschrĂ€nkung
gegenĂŒber einem einfachen Stahlfedersystem um rund 60 Prozent. Das ORS-System umfasst neben den Stabilisatoren noch ein elektronisches SteuergerĂ€t und
eine Hydraulikeinheit. Im Offroad-Modus baut die Hydraulikeinheit den Betriebsdruck an den Aktuatoren auf. Sie werden hydraulisch betÀtigt und sitzen mittig in den Stabilisatoren: ein
Kupplungselement am Ein- und Ausgang und ein Schaltelement. Diese Anordnung hat den Vorteil, dass Schalten unter Last möglich ist, auch bei verschrÀnktem Stabilisator.
Das Hydraulikmodul besteht aus einer Pumpe, die von einem Elektromotor gesteuert wird, einem ĂlbehĂ€lter, Druckspeicher, Drucksensor sowie zwei so genannten SchieberÂventilen.
Innerhalb des prĂ€zise gefertigten Bauteils riegeln sie den Hydraulikkreis hermetisch ab. Volker Middelmann: âDies funktioniert sonst nur mit speziellen Ventilen, die aber teuerer sind und mehr
Bauraum benötigenâ. Mit dieser Kombination in der Hydraulikeinheit erreichen die Ingenieure,
dass der Elektromotor nur ein einziges Mal das System âScharfschaltenâ muss und dann nur noch nach jedem Schaltvorgang. Dies schont das System und spart Energie. Die elektrische Steuerung der Hydraulik
erlaubt zudem ein Schalten des Vorder- und Hinterachsstabilisators - getrennt voneinander. ZunĂ€chst entkoppelt die Hinterachse, dann die Vorderachse oder beim Koppeln in umgekehrter Reihenfolge. Dies ist fĂŒr eine hohe
StabilitĂ€t des Fahrzeugs wichtig, die eine gute Fahrdynamik ergibt. Sensoren an den KlauenÂkupplungen und PlausibilitĂ€tschecks im SteuergerĂ€t ĂŒberwachen den SystemzuÂstand und
die SchaltvorgÀnge. Verliert das System im GelÀnde plötzlich an Druck oder treten Störungen in der Elektrik auf, verriegelt eine Fail-Safe-Feder die Kupplungen. Und lÀsst der Cayenne-Fahrer
auf befestigten StraĂen wirklich einmal die Stabis entkoppelt, schaltet sich das ORS-System ab 50 km/h wieder in den Onroad-MoÂdus. DemnĂ€chst können auch Touareg-Fahrer diese
auĂergewöhnliche GelĂ€ndeunterstĂŒtzung nutzen, denn auch bei VW steht der Serieneinsatz unmittelbar bevor. |